Geriatrisches Assesment >70 Jahre
Das multidimensionale geriatrische Assessment dient der Erfassung der Probleme, aber auch der Feststellung erhaltener Funktionen des älteren Patienten. Der Begriff bezeichnet die in der Geriatrie durchgeführte Einschätzung des Patienten bezüglich der medizinischen, psychosozialen und funktionellen Möglichkeiten. Es ist ein diagnostischer Prozess zur systematischen Erfassung der medizinischen, funktionellen und psychosozialen Ressourcen und Probleme betagter Patienten.
Beim geriatrischen Assessment wird mittels geeigneter Tests der physische, kognitive, emotionale, ökonomische und soziale Zustand des Patienten eingeschätzt. Ein Assessment sollte bei gebrechlichen Patienten (z.B. mit Inkontinenz, Mangelernährung und Mobilitätsverlusten) und anderweitig extrem Beeinträchtigten (z.B. bei Demenz und Terminalstadien von Krankheiten) durchgeführt werden.
Grundsätzlich sollte bei Patienten über 70 Jahren ein Assessment zumindest in Erwägung gezogen werden.
Das geriatrische Assessment soll zur besseren Kommunikation zwischen Arzt, Patient und dessen Umfeld beitragen. Um eine Objektivierbarkeit zu gewährleisten, sollten möglichst standardisierte Tests verwendet werden, die reproduzierbar sind. Ziel des Assessments sollte es sein, dem Patienten ganzheitlich Hilfe zukommen zu lassen. So sind auch Verlaufskontrollen durch ein erneutes Assessment zwingend notwendig, um einer Fortschreitung altersentsprechenden Erkrankungen therapeutisch entgegenzuwirken.
Bei uns in der Praxis benutzen wir die nachfolgenden diagnostischen Tests, die im Rahmen eines geriatrischen Assessments verwendet werden können…
Geriatrische Depressionsskala (GDS) nach Yesavage
Die Geriatrische Depressionsskala (GDS) nach Yesavage, ist ein Mitte der 1980er Jahre von J. A. Yesavage entwickeltes und international weit verbreitetes Assessmentinstrument, dass mit Hilfe eines vom Patienten auszufüllenden Fragebogens im Rahmen des geriatrischen Assessments Hinweise auf eine eventuell vorhandene Altersdepression oder depressive Stimmungslage geben kann.
Oft ist eine depressive Symptomatik eine Reaktion auf einen Zustand schlechter physischer, psychischer oder auch sozialer Gesundheit. Eine länger bestehende Depression kann zu einer Einschränkung in den sozialen Funktionen und zu einer Abnahme der Selbsthilfefähigkeit führen. Weiter kann eine Depression eine Demenz vortäuschen (Pseudodemenz), oder eine bestehende Demenz verschlechtern.
Das Erkennen einer depressiven Symptomatik bei einem betagten Patienten ist für unser Praxisteam von besonderer Wichtigkeit, um eine adäquate antidepressive Behandlung möglichst frühzeitig beginnen zu können.
Der Fragebogen umfasst in der Regel 15 Fragen und eignet sich für Gesunde, medizinisch Kranke und mild bis moderat kognitiv eingeschränkte ältere Menschen.
Barthel-Index
Der Barthel-Index ist ein Verfahren zur systematischen Erfassung grundlegender Alltagsfunktionen.
Der Multimorbidität und den oft sehr komplexen Krankheitsbildern älterer Patienten, den Alterssyndromen, steht immer wieder die Forderung nach einem möglichst einfachen, wenig zeitaufwendigen diagnostischen Verfahren gegenüber, damit dieses auch in der allgemeinen Arztpraxis bei möglichst vielen Personen durchgeführt werden kann und die Patienten nicht zu sehr belastet werden.
Wer an sich die Unfähigkeit bemerkt, seinen Haushalt zu führen, oder alltägliche Spaziergänge sicher durchzuführen, erlebt dies als gravierende Einschränkungen im Alter. Dies wird sich zwangsläufig auf das gesamte Verhalten und Erleben der alten Person auswirken. In der Pflege ist die Aufgabe zur Beratung von kranken Personen unumstritten. Diese Beratung setzt aber erst einmal die Kenntnis von einem Zustand voraus, der Prävention oder Prophylaxe oder eigenes Tätigwerden (nach der Beratung) sinnvoll erscheinen lässt.
Der Barthel-Index überprüft die Selbständigkeit bei den Aktivitäten des täglichen Lebens, Treppenbenutzung Beweglichkeit beim Waschen, Transfer, Toilettenbenutzung, Beweglichkeit außer Haus. Er fragt nicht nach der maximalen Leistungsfähigkeit bei fremder Unterstützung, sondern nach Handlungsbedarf in der ausgeübten Praxis des Patienten.
Dabei werden vom Arzt oder vom Pflegepersonal 10 unterschiedliche Tätigkeitsbereiche mit Punkten bewertet.
IADL-Skala nach Lawton und Brody
Die IADL-Skala nach Lawton und Brody ist ein auf dem ADL-Score (Activities of Daily Living) basierendes Verfahren zur Erfassung der Alltagskompetenz geriatrischer Patienten. Es erfasst 8 zentrale, instrumentelle Aktivitäten des täglichen Lebens. Die Erhebung erfolgt mit Informationen durch direkte Befragung, Befragung der Bezugspersonen/Familienangehörige, Einbeziehung eigener Beobachtungen, Einstufung durch den Interviewer. Wegen des Schwerpunktes der Items auf der hauswirtschaftlichen Versorgung unterschiedliche Maxima für Frauen und Männer.
Esslinger Sturzrisiko
Die vier Tests des Esslinger Sturzrisikoassessments ermöglichen eine relativ einfache Beurteilung des individuellen Sturzrisikos. Hierbei handelt es sich um...
...Mobilitätstest nach Tinetti (Klinische Beurteilung des Gangbilds)
Der geriatrische Patient wird aufgefordert, in seiner üblichen Geschwindigkeit und mit seinen üblichen Gehhilfen hin- und herzugehen. Wichtigstes Kriterium ist hier die Gleichmäßigkeit der Schritte mit gleich langen und regelmäßigen Schritten sowie ausreichender Schritthöhe (kein Schlurfen). Zweitwichtigstes Kriterium ist das Ausbleiben von auffälligen Rumpfschwankungen bei den Wendungen. Sind diese Kriterien nicht erfüllt, besteht ein erhöhtes Sturzrisiko.
...Timed Up-and Go-Test
Hier muss der Patient aus einem Stuhl (Höhe der Sitzfläche etwa 45 cm) mit Armlehnen aufstehen, drei Meter nach vorne gehen, sich umdrehen, zurückgehen und sich wieder auf den Stuhl setzen. Dabei sollte sich der Patient mit seiner normalen Geschwindigkeit bewegen; übliche Gehhilfen sind erlaubt. Kann der Patient dies nicht oder braucht er mehr als zehn Sekunden dazu, deutet dies auf ein erhöhtes Sturzrisiko hin.
...Tandemstand
Der Patient steht dabei zehn Sekunden im Tandemstand, d. h. mit beiden Füße hintereinander auf einer Linie, wobei die Ferse des vorangesetzten Fußes die Fußspitze des hinteren Fußes berührt. Der Patient kann sich zu Beginn einhalten. Ist der Patient nicht in der Lage, diese Position frei für zehn Sekunden zu halten, besteht ein erhöhtes Risiko für Stürze.
...Stuhl-Aufsteh-Test (Chair Rising)
Bei diesem Test muss der Patient möglichst schnell und ohne Einsatz der Arme fünfmal vom Stuhl aufstehen und sich wieder hinsetzen. Schafft der Patient dies nicht oder benötigt er für die Aufgabe mehr als zehn Sekunden, gilt auch hier ein erhöhtes Sturzrisiko.